Dieser Blog endet heute.
Großer Dank an alle die gelesen haben und allen Mitwirkenden.
Neee, ich höre nicht auf zu schreiben, brauche aber mal Tapetenwechsel. Transformation is over :-)
Ihr findet mich jetzt hier: SUBSTANZ
(sollte der link nicht gehen: http://peggiliebisch.wordpress.com)
see you there.
Mittwoch, 21. Mai 2014
Freitag, 9. Mai 2014
Hase
Bin ganz mit Schokolade überzogen. Das ist ein komisches
Gefühl. Ungewohnt. Unbewohnt. Innen hohl. Nein, gefüllt. Schwer angereichert
mit Mandeln, Marzipan. Schmecke meine eigene Füllung. Süß und bitter. Das ist
ein Experiment. Zeige ich mich von meiner Schokoladenseite. Lasse mich auch
vernaschen wenn´s unbedingt sein muss, ist sowieso nur eine Metapher. Die
Stylistin packt mich außerdem noch in Goldfolie. Sie kann es nicht lassen. Will
dass ich glänze. Stell mich in die Sonne, dann schmelze ich. Die Folie flattert
im Wind. Werde warm wie die Überlebende einer Lawine. Innen Silber- außen Gold,
High Tech Rescue Decke. Ein Schneehase kommt und knabbert mich an. Wusste nicht
dass Hasen Schokolade mögen. Nur dass sie ihre Form leihen. Mein Telefon summt.
Die Stylistin spricht hinein und sagt sie kann jetzt nicht. Ich habe Hunger auf
etwas Grünes, Avocado
(Persea americana) wäre
gut. Fühlt sich als Füllung fast genauso an, vielleicht etwas cremiger.
Montag, 5. Mai 2014
Epizentrum
Helmut mein Friseur und die Stylistin streiten sich. Über
mich. Helmut meint Gold steht mir nicht. Er will wieder zurück auf mehr Braun oder dunkles Amber wie er es nennt. Ich sitze vor dem Spiegel, betrachte mich und
die Streitenden hinter meinem Rücken. Sie berühren mein Haar, halten kleine Kärtchen
an meine Haut und streichen über den Stoff meines Shirts. Die Stylistin will
gerne an den Farben festhalten, aber sie sind so flüchtig wie das Parfum, das
ich aus irgendeinem Grund noch in der Nase habe. Ich muss all meinen Willen
aufbringen, das Epizentrum meines Geruchsinns nicht mit diesem Duft zu füttern.
Fest schaue ich mir in die Augen. Der Spiegel wirft ein Blaugrau zurück, es erinnert
mich an ausdauernden Lein (Linum perenne)
auf steinigem Boden. Bin gespannt was die aus mir machen. Innen bin ich fertig
und es ist mir egal ob die Fassade dazu passt. Wirken soll sie, blenden. Das
spricht eigentlich wieder für Gold. Haha. Ganz schön schwierig. Gut, dass die
beiden das entscheiden. Meine karminrot geschminkten Lippen lächeln mich an.
Dienstag, 29. April 2014
Goldlack
Seit ich die goldenen Haare habe fühle ich mich richtig gut.
Alles geht leicht von der Hand als wäre ich verzaubert. Bin ich verzaubert? Wer
mich sieht lächelt mich an und einige fragen mich wie der Goldton meines Haars
heißt. Cool. Das kann man kaufen also bin ich nicht verzaubert. Wäre auch blöd,
denn ich will dass diese Phase real ist auch wenn sie nicht lange anhält.
Schnell wird es mehr Frauen mit diesem Gold geben, vielleicht auch einige
mutige Männer und dann guckt niemand mehr so neugierig. Es ist ja sowieso nur
eine Stylingvariante von vielen, die ich demnächst noch ausprobieren werde und
auf die ich mich freue. Ich will aber jetzt noch nicht daran denken sondern den
Glanz genießen, der sich von dem äußeren Schein ins Innere absetzt. Ich ahne,
dass die kleinen Goldpartikel viel länger durch meinen Körper flitzen als die
Farbe auf meinem Haar hält. So als lackierten sie mich von innen. Goldlack (Erysimum cheiri). In der Blumensprache steht Goldlack für Sehnsucht
bzw. „Ich sehne mich nach dir“.
Sonntag, 27. April 2014
glamour oder cool
So heißen die beiden Goldtöne zwischen denen ich mich
entscheide. Seit ich die Stylistin kenne weiß ich dass es verschiedene Goldtöne
gibt. Davor war alles einfach Gold. Obwohl ich natürlich schon Weiß- und
Rotgold kenne, dieses Wissen aber nur mit Schmuck in Verbindung bringe und da
ich keinen Schmuck trage, ist das irgendwie ein Wissen aus der Vergangenheit.
Sie empfiehlt mir Gold zu meinem Teint. Sie will dass ich andere Farben
trage als bisher, das ist nicht so schwer denn eigentlich war das hauptsächlich
schwarz. Dass mir blau nicht steht weiß ich schon. Blau macht mich blass. Es
zieht die Farbe aus meinem Gesicht. Alle Arten von Blau. Rot ist mir sowieso
lieber, da kann ich sogar auf der Hautoberfläche spüren wie es wirkt. Die
Energie fließt aus einer unerschöpflichen Quelle unentwegt aus mir heraus und
bildet eine fette rosa Aura. Ich bin froh, dass andere sie nicht sehen können.
Rosa wie rosa Rosen (Rosa canina),
aber sie duftet nicht. Ich kann nur meine eigene Aura sehen und die nur von
innen, die von anderen sehe ich nicht. Manchmal ist meine so groß, dass ich
lieber auf Distanz gehe, damit ich sie nicht irgend jemandem versehentlich
überstülpe. Wer will das schon. Ich entscheide mich für cool.
Montag, 21. April 2014
verflochten
„Mir gefällt was du gerade spielst.“
„Einsame Blumen von Schumann.“
„Interessanter Titel, er war wohl auch ein großer Poet.“
„Du überlegst jetzt wahrscheinlich, welche Blumen er im Sinn
hatte, oder?“
„Vielleicht Buschwindröschen (Anemone nemorosa), die blühen gerade überall.“
„Magst du das Stück Verrufene Stelle hören? Das hat auch
eine Verflechtung zu Blumen.“
„Hm, düster und melancholisch. Weißt du, dass musizieren und
dichten die gleichen Netzwerke im Gehirn aktiviert?“
„Echt?“
„Ja, wenn ich durch den Wald laufe und wohlklingende Schachtelsätze
konstruiere, habe ich Musik im Kopf.“
„Und wenn du rennst drohen dich die Stabreime zu
erschlagen.“
„Bleibe doch lieber romantisch.“
„Okay, hör gut zu. Eine kleine Elfe für dich.“
Donnerstag, 17. April 2014
vorzugsweise rot
Langsam löse ich mich aus der nächtlichen Umklammerung und betrachte die Sonnenpunkte auf meinem Arm. Gold. Licht. Meine Gedanken ziehen zum Fluss und strömen mit ihm zur Mündung. Das Meer rauscht im Wind. Meine Träume surfen auf der Brandung und versprühen dann. Zum Frühstück gibt es Gelächter und ein Funkeln in den Augen, Müsli mit Kokosflocken und den besten Kaffee der Welt. Mein Körper ist leicht wie eine Feder und schwebt gegen jede Regel weit über der Erde. Von oben sieht die Idylle aus wie sie sich unten anfühlt. Ich gehe wieder runter. Es gibt keinen harten Boden der Tatsachen. Die Landung ist weich. Ich kenne die Gegend und sie kennt mich. Neben all den Palmen, die über Nacht gewachsen sind, blühender Flieder (Syringa vulgaris) in den Farben blau über rot bis weiß, vielfach verwildert, Blätter herzförmig, schnitzbares Holz, gut polierbar. Gut gemischt ergeben diese Zutaten ein duftendes Fliederbett, vorzugsweise in Rot.
Dienstag, 15. April 2014
Déjà-vu
In der Haarnadelkurve
blitzt kurz etwas auf, eine Kupfermünze. Als ich sie fast berühre
bewegt sich etwas in meinem Augenwinkel und ein Déjà-vu schüttelt mich. Es ist
ein heftiges Déjà-vu, eine Begegnung mit etwas Wildem. Verwirrt richte ich mich
auf und schaue mich um. Nichts. Wahrscheinlich nur ein Produkt meiner
Phantasie. Vielleicht auch ein Fragment aus der Erinnerung oder eine
ungeordneter Mix aus dem Kurz- und Langzeitgedächtnis. Warum gaukelt mir mein
Gehirn das Wilde vor? Will es mich täuschen, indem es mit meinen kostbaren
Schätzen jongliert. Es denkt wie immer es sind auch seine und will mal wieder
alles teilen. Manchmal geht mir seine symbiotische Anhänglichkeit ganz schön
auf die Nerven. Wobei, die Déjà-vus haben schon ihren speziellen Reiz, das muss
ich zugeben, vor allem, wenn mein Körper kurzfristig von Gänsehaut überzogen
wird. Meine Augen scannen den Boden nach Wiederholung ab, doch sie sehen nur einen
Teppich aus Glücksklee (Oxalis tetraphylla).
Donnerstag, 10. April 2014
Roter Apollo
Intelligenz braucht eine stimulierende Umwelt, sonst kann
sie sich nicht entwickeln, das gilt auch für Hunde. Die schlaue Frau hat einen
klugen Hund, weil sie immer zusammen unterwegs sind. Zum Beispiel dort im
Siebengebirge, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, das Wild über die Wege
wechselt und der Hirsch röhrt. Auf den kleinen Pfaden, wo sie mit viel Glück
dem roten Apollo begegnen, diesem stark bedrohten und streng geschützten
Schmetterling aus der glamourösen Familie der Ritterfalter. Für die Frau und
den Hund ist der Falter tabu; sie erfreuen sich an seinem Anblick und sollte
gerade zufällig eine Läuferin wie ich vorbeitraben, passen sie auf dass ihm
nichts passiert. Sie stellen sich wie eine Mauer vor die Frauendistel (Carlina acaulis) und lassen ihn in Ruhe Nektar saugen. Wen
kümmert es schon, dass die Distel früher für die Behandlung von
Schweinekrankheiten eingesetzt wurde, das ist nur so eine Spezialinformation
für intelligente Hundebesitzerinnen.
Montag, 7. April 2014
Markenmelone
Ich liebe diese Inszenierung. Paul Spinat, prominenter und
stolzer ehemaliger Eigentümer von Schloss Drachenfels, fährt mit seinem
goldenen Rolls Royce durch das Siebengebirge. Neben ihm sitzt Andy Warhol und
im Fonds seit neuestem Lady Gaga. Wer das nicht mit eigenen Augen sieht, glaubt
die Geschichte nicht. Aber sie ist wahr, okay, abgesehen von Lady Gaga, die ist
sozusagen das Zugeständnis zur Gegenwart und absolut stimmig. Paul Spinat trägt
einen seiner vielen Hüte, eine Melone und versucht in schlechtem Englisch
Konversation zu machen. Das Bad English stört die Stars nicht, sie sind es
gewöhnt. Außerdem sind sie hin und weg von der Schönheit der blühenden
Streuobstwiesen und äußerst kreativ im Versuch, dieses schwierige Wort im
Original auszusprechen. Sie legen ihre Picknickdecke unter einen Kulturapfelbaum
(Malus domestica), blicken
in den weißgetupften Himmel und schlürfen Pauls Spezialcocktail. Selten ist
ihnen eine Ruhe wie diese vergönnt, eine Idylle, die sich tief in ihre Herzen
senkt und die sie dazu bewegen wird, der Einladung Spinats auch nächstes Jahr
zu folgen.
Donnerstag, 3. April 2014
Reiseis
Die totale optische und auch ansonsten kognitive Täuschung
ist Reiseis. Das nach Rosenwasser duftende Häufchen Halbgefrorene verspricht
eine zarte Berührung mit der Zunge. Die weiße Farbe suggeriert Reinheit und Unschuld,
die gedankliche Verbindung von Reis mit Süß weckt Kindheitserinnerungen an Mamas
Milchreis (das ist nicht für alle eine schöne Erinnerung, ich weiß). Ich sitze also
mit meinem Freund, dem Ex-Banker im Gartenlokal und freue mich wie eine
Prinzessin auf das Dessert. Ich kann die Augen gar nicht von ihm abwenden, denn
er trägt seine Haare jetzt schulterlang und sieht aus wie früher Winnetou. Ich
habe Winnetou geliebt. Und irgendwie mag ich lange Haare bei Männern, aber
natürlich nur wenn sie glänzen wie die Blütenblätter der vortrefflichen Tulpe (Tulipa praestans). Die Leute, die an
unserem Tisch vorbei gehen, schauen uns an. Jetzt wird das Reiseis serviert.
Der erste Bissen bleibt mir im Hals stecken, mein Gehirn rebelliert. Spuck aus!
brüllt es, doch meine Manieren siegen und ich schlucke einmal. Die Kellnerin
schickt den Koch raus, der erklärt die Authentizität der Nachspeise und der
Ex-Banker muss sich beherrschen ihm nicht das Tellerchen auf die Schürze zu
schmieren.
Montag, 31. März 2014
to unbrainwash
„Ich habe heute meine alte Klavierlehrerin getroffen.“
„Oh, und?“
„Sie hat mich gefragt, ob ich glücklich bin. Sie riet mir früher im Musikunterricht, wenn ich im Leben glücklich werden will, dann
soll ich immer genau das Gegenteil davon machen was mir mein Gehirn sagt.“
„Und? Hast du ihren Rat befolgt?“
„Du kennst mich doch!“
„Ja, du bist leichtsinnig, impulsiv, abenteuerlustig und
absolut liebenswert. Bist du auch glücklich?“
„Aber ja! Meistens jedenfalls.“
„Zurzeit nicht?“
„Es geht. Ich habe mich ein wenig in Konventionen
verstrickt.“
„Und dein Gehirn verlangt Gehorsam, ich kenne das.“
„Ich hasse das!“
„Aber du kannst es austricksen und du weißt auch wie, oder?“
„Haha, ja klar! Gib schon her, das kleine Beutelchen!“
„Erstaunlich, dass sich ein so komplexes Gebilde mit ein
wenig Süßholzraspeln (Glycyrrhiza glabra)
beeinflussen lässt.“
Mittwoch, 26. März 2014
Schaflos in ...
... davon kann ich nur träumen. Schon früh wurde ich zu
Sozialisationszwecken in die Herde geschickt, allein. Und natürlich sieht man
auf den ersten Blick, dass ich nicht dazu gehöre, auch wenn ich in die gleiche
Richtung laufe. Aber so ein Mitlaufen hinterlässt Spuren, bei beiden Spezies: Die Schafe
entwickeln eine Art von Toleranz gemäß ihres angeborenen Musters „Schwarzes
Schaf“ und ich gebe ernsthaft dem blauen Schaf eine Chance, das behauptet es
sei mein wahres Ich. Das geht natürlich zu weit, obwohl ich mein Interesse für
gute Gräser wie die gemeine Schafgarbe (Achillea
millefolium) nicht verhehlen kann. Auch meine Vorliebe für hundertprozent
Schurwolle ist ein Indiz, aber das war es dann auch schon. Alles andere schafartige
Verhalten dient eher der Ausrede ganz zu schweigen von den Balken in den Augen.
Meine neue Taktik ist einfach stehen bleiben und sie an mir vorbeiziehen
lassen. Denen fällt das nicht einmal auf und ganz ihrer Schafnatur entsprechend
drehen sie sich auch nicht um. Jetzt sind wir uns los, oder.
Sonntag, 23. März 2014
Felspartie
Kreuzbergs Wirtschaft Tal der roten Traube ist alles
andere als beschaulich. Ich folge Elise auf einem steinigen Pfad zur hoch
gelegenen Burg, die Steillage ist atemberaubend. Zum Wummern der Bässe pfeifen
wir in die Luft und riesige Raben kommen geflogen. Einmal auf den Zinnen
gelandet werfen sie ihre glänzenden Federn ab und lächeln uns zu. Elise nimmt meine Hand
und führt mich zur Bar. Sie plaudert über ihr Begehren als wäre es ein
Waldspaziergang, doch ich spüre die Dornen auf der Bergseite und das brüchige
Geröll auf der Talseite. Dazwischen ist ein spektakulärer Korridor mit
herrlicher Vegetation, rosa Pfirsichblüten (Prunus persica) zarter als die weißen Schlehenblüten,
verführerisch wie die ersten lindgrünen Knospen der knorrigen Weinstöcke. Ich
sage zu Elise irgendetwas stimmt hier nicht, es gibt zu viele Adjektive. Ihre
Augen funkeln mich an, aah du hast es gemerkt, das alles hier ist nicht echt,
nur eine Kulisse, ein Spiel, eine Aufmerksamkeit, aber trotzdem schön oder? Ich
nicke.
Donnerstag, 20. März 2014
Schnee von gestern
Das Signal
ist überraschend klar sagen die Nachfolger von Albert Einstein. Sie sehen ein deutliches Abbild der Gravitationswellen von direkt nach dem
Urknall vor 14 Milliarden Jahren. Dieser Schnee von vorvorgestern
verschleiert sogar auf unseren Fernsehern die Sicht. Ich habe es geahnt,
flüstert mir mein Gehirn zu, das mit dem Treibholz im Fluss des Vergessens
klappt nicht. Es spricht mal wieder in Rätseln doch ich glaube ich weiß was es
meint. Egal was ich mache oder was ich versuche nicht mehr zu tun, die Wellen
des Erlebten holen mich wieder ein und nicht nur mich sondern einfach alle,
auch die Pflanzen inklusive Flechten (Lichen),
alle Tiere und sonstigen Wesensformen. Wenn ich es mir recht überlege,
teile ich die Begeisterung der Astronomen, die jetzt andächtig zuhören, was
ihnen die Signale aus der frühen Phase des Universums erzählen und sich dann
darüber streiten ob es nur ein, also unseres, oder noch andere Universen gibt,
die jetzt auf ihre Art diese Entdeckung feiern, sich mit buntem Sternenstaub
bewerfen oder so.
Montag, 17. März 2014
Bella
Die Hitze ist die Hölle. Ich fühle mich wie im Körper von
Bella aus Twilight, die auf fünfzig langatmigen Romanseiten extrem
schmerzhaft zu einem Vampir transformiert. Immer wenn der Schmerz als quasi
unerträglich beschrieben wird, steigert er sich auf der nächsten Seite noch einmal
um mindestens das Doppelte und das also ca. 50 Mal hintereinander. Äußerlich
ist Bella nichts anzumerken, in ihrem blauen Seidenkleid liegt sie friedlich
auf der Unterlage während es in ihrem Innern tobt, das heißt alle Zellen,
Sehnen und alles Gewebe werden mit Vampirgift versiegelt und für das zukünftige
untote Leben präserviert. Ihre Vampirfamilie steht mit roten Augen um sie herum
und wundert sich, dass Bella nicht schreit, tobt oder zittert. Ich glaube das
ist bei mir auch so und zwar, weil ich mich schon lange auf diesen Brennvorgang
vorbereitet habe, dass mich nichts, aber auch rein gar nichts davon abhalten
kann diese Qualen durchzustehen und das obwohl ich (wie Bella) nicht genau
weiß, was am Ende herauskommt, außer dass ich wahrscheinlich kein Vampir sein
werde. Jetzt sticht jemand mit einem Feuerdorn (Pyracantha) brutal in mein Fleisch und sagt, halt durch, du musst
noch etwas weiter schmoren.
Samstag, 15. März 2014
no mosquito
Meine Tochter und ihre Freundin verteilen kleine
australische Glückspäckchen. Sie riechen nach Zimt und Vanille (Vanilla
planifolia),
nach Mango und Passionsfrucht, nach Freiheit und grünem Meerwasser. In
ihrem Gepäck ist ein neues Leben. Die Erleichterung, mit Malaysia Airlines von
Kuala Lumpur geflogen zu sein und nicht in einem verschwundenen Flugzeug zu
landen, ist mit Händen zu greifen. Sie weinen Freudentränen, dann lachen sie
wieder und sind schöner als jemals zuvor. Wie sie es gemacht haben, diese
warmen Temperaturen mitzubringen, um ihre goldene Haut nicht unter kratzigen
Pullovern verstecken zu müssen, verraten sie nicht. Sie hängen Moskitonetze
über ihre Betten und schlafen, schlafen, schlafen bis sich ihre exotischen
Träume mit dem Kölner Frohsinn zu einem jecken Cocktail vermischen. Dann
trinken sie Erdbeersekt und essen Mettbrötchen. Welcome back!
Montag, 10. März 2014
Feigenbaum-Konstante
„Ich habe etwas Wichtiges entdeckt.“
„Ach ja, was denn?“
„Das Chaos ist eine fundamentale Konstante in meinem Leben.“
„Das glaube ich nicht. Was du als Chaos bezeichnest ist der
ganz normale Wahnsinn.“
„Diese wirbelnde Dynamik soll normal sein?“
„Sei doch froh! Langeweile wäre viel schlimmer. Ich finde es
hochinteressant was so alles passiert.“
„Jedenfalls habe ich einen Feigenbaum (ficus carica) gepflanzt. Er hat schon Knospen.“
„Kein Wunder bei dem Wetter.“
„Der Baum schließt diese auffällige Lücke in unserem Garten wo
früher die Satellitenschüssel stand.“
„An der alten Steinmauer? Ein schöner Platz. Warum Feige und
nicht Apfel?“
„....oder Kirsche? Ich weiß nicht, es war eine spontane
Entscheidung.“
„Haha, siehst du, das ist der Unterschied!“
Sonntag, 2. März 2014
Traumfrau
Mein Freund der Ex-Banker (und Ex-Zombie) erzählt mir von
seiner Traumfrau, also der Frau von der er träumt. Da man Träume ja (noch)
nicht steuern kann wie in Inception zum Beispiel, kann er auch nix dafür, dass
es in seinen Träumen so richtig zur Sache geht. Ich frage ihn erstaunt ob er
nicht Traum mit Fantasie verwechselt. Er lacht sein schönes entspanntes Lachen,
das er erst so lacht seit er aus der Bank raus ist und meint das wäre ihm egal
weil er ist froh, dass diese Frau nur in seinen Träumen ist und nicht
irgendeine die er kennt. Denn dann würde er wahrscheinlich immer Ausschau nach
ihr halten und das würde seine Ehefrau merken, er ist ja glücklich verheiratet
und auf noch einen Ex-Titel hat er keine Lust. Er schildert sehr anschaulich einige
Details in seinen Träumen und er und ich werden abwechselnd rot und müssen schnell
einen Schluck Krambambuli (Juniperus spirituosus) trinken,
aber trotzdem ist es ihm oder mir nicht peinlich, denn seit wir uns erzählen
was wir so träumen waren da schon echt viel abgefahrenere und peinlichere
Sachen dabei.
Donnerstag, 27. Februar 2014
Jelängerjelieber
Es gibt tatsächlich eine Pflanze, die heißt Jelängerjelieber
(Lonicera caprifolium). Normalerweise
schreibe ich ja nicht über Pflanzen an sich, doch diese hier löst eine Flut von
Assoziationen bei mir aus und ich kann mich gar nicht entscheiden, welches
Jelängerjelieber ich mir näher ansehe. Konditioniert in systematischer
Vorgehensweise erstelle ich eine Prioritätenliste: 1. Sex (keine Namen J)
2. Urlaub (Australien) 3. Spaghetti (DeCecco) 4. Sommer (Australien) 5.
Snowboardabfahrt (Nebelhorn) 6. Wanderweg (E 5) 7. Roman (Matter, Iain Banks)
8. Messer (Solingen) 9. Abgang beim Rotwein (Amarone)
10. Mittagspause (beim Italiener) 11...(äh ja, jetzt wird es langweilig). Außer Konkurrenz: Liebe (Andi). Ich frage mich, wer die Pflanze warum so genannt hat, ob es aus einer in meiner Liste genannten Laune heraus geschah, etwa beim Mittagessen beim Italiener auf einer Sommerterrasse, die von diesen duftenden Büschen umsäumt ist. Nach drei Gläsern Wein benennt der Täufer das wohlriechende Geißblatt um in Jelängerjelieber, wohl wissend, dass die Pflanze olfaktorisch darüber hinwegtäuscht, dass die giftigen Wirkstoffe Xylostein und Saponine ihrer roten Beeren im menschlichen Organismus Brechreiz und Leibschmerzen hervorrufen; für Leute, die drauf stehen jelängerjelieber.
8. Messer (Solingen) 9. Abgang beim Rotwein (Amarone)
10. Mittagspause (beim Italiener) 11...(äh ja, jetzt wird es langweilig). Außer Konkurrenz: Liebe (Andi). Ich frage mich, wer die Pflanze warum so genannt hat, ob es aus einer in meiner Liste genannten Laune heraus geschah, etwa beim Mittagessen beim Italiener auf einer Sommerterrasse, die von diesen duftenden Büschen umsäumt ist. Nach drei Gläsern Wein benennt der Täufer das wohlriechende Geißblatt um in Jelängerjelieber, wohl wissend, dass die Pflanze olfaktorisch darüber hinwegtäuscht, dass die giftigen Wirkstoffe Xylostein und Saponine ihrer roten Beeren im menschlichen Organismus Brechreiz und Leibschmerzen hervorrufen; für Leute, die drauf stehen jelängerjelieber.
Sonntag, 23. Februar 2014
Phoenix
John ist Feuerkünstler. Er unterstützt mich in der Endstufe meiner
Transformation. Als ich ihn um Hilfe bitte sagt er du
kennst doch das Feuer besser als ich. Ja, aber ich kann es nicht so gut
kontrollieren und brauche ein paar professionelle Tipps. John betrachtet
prüfend meine Vorbereitungen und nickt anerkennend. Dann mal los. Die
Hauptschwierigkeit besteht darin, dass ich mich zurzeit semantisch im Wasser
bewege und ein abschließender Wechsel in ein anderes Element heikel ist, wenn
nicht gefährlich. Gefährlich ist gut sagt John und lacht. Er kennt viele Arten
von Flammen, die blauen, die gelben und goldenen, die gierigen und gleißenden,
die lautlosen und die explodierenden. Für mich entzündet er eine neue: die
superheiße. Sie ist in der Lage meinen Kokon zu sprengen ohne den Inhalt zu
verletzen. Der Inhalt bin ja auch ich, haha, auch wenn ich noch nicht weiß, was
genau ich bin. Aber eine schwarze verkohlte Masse will ich nicht sein. Du
wirst überrascht sein was aus der Hitze entsteht, sagt John. Atme diesen Rauch ein.
Er reicht mir einen glühenden Stengel Dattelpalme (Phoenix dactylifera) und fängt an.
Mittwoch, 19. Februar 2014
großartig
„Wie weit bist du mit deiner Regenerationstherapie?“
„Hm, ich weiß nicht genau. Die Behandlung mit Wärme scheint
anzuschlagen.“
„Wie macht sich das denn bemerkbar?“
„Na ja, ich bin irgendwie fröhlicher.“
„Soso, irgendwie fröhlicher...“
„Mach dich bloß nicht lustig über mich, du steckst ja auch
noch mitten in der Transformation. Oder habe ich etwas verpasst?“
„Nein, stimmt. Ich nehme jetzt Transferasen.“
„Klingt eklig, was ist das?“
„Das sind Enzyme zur Übertragung von bestimmten
Atomgruppen.“
„Bist du sicher, dass dir das nicht schadet?“
„Im Gegenteil. Ich fühle mich großartig. Als hätte ich
Rauschbeeren (Vaccinium uliginosum)
gegessen.“
„Ich hätte Angst vor einer Regression.“
„Gegen die Angst nehme ich Regulatorproteine.“
„Vielleicht solltest du es mal mit Wärme versuchen.“
Samstag, 15. Februar 2014
wo bin ich
Meine Zahnärztin hypnotisiert mich. Sie sagt bei mir braucht
sie nur mit den Fingern schnippen und schon bin ich weg. Dann behandelt sie in
aller Ruhe meine craniomandibuläre Dysfunktion, das klingt schlimmer als es
ist. Sie hat das schon öfter gemacht. Also, auf jeden Fall bin ich dieses Mal
irgendwie in einer Art Zwischenwelt hängengeblieben und okay, es herrscht eine
sehr entspannte Atmosphäre, mein subjektives Schmerzempfinden ist gleich null
und sämtliche Blockaden scheinen überwunden – alles cool und tropisch
inselmäßig. Nach und nach stellen sich die Sinne wieder ein und mein Gehirn tut
mir den Gefallen und fragt wo bin ich. Während es sein ganzheitliches
Testverfahren durch meinen Körper schickt betrachte ich mich im Spiegel, rotes
T-Shirt mit grüner Salakpalme (Salacca zalacca),
Haare etwas länger als vor meinem Termin und silberne Flipflops. Ich lächle mir
zu, bewundere meine perfekten Zähne und beiße damit in eine Schlangenhautfrucht, lila
Saft spritzt auf den Boden. Wanderameisen lecken ihn mit ihren kleinen rosa
Zungen gierig auf. Mein Gehirn rollt mit meinen Augen und findet es reicht
jetzt. Es ist und bleibt mein persönlicher Spielverderber.
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