Sonntag, 29. Mai 2011

burn!

Die Sonne brennt. Ich gieße meine Pflanzen zweimal am Tag, der Wind trocknet sie wieder aus. Petunie (Petunia hybrida) in leuchtendem Pink, Bougainvillea (Bougainvillea glabra) in leuchtendem Pink, Geranie (Pelargonium) in leuchtendem Pink. So liege ich inmitten von leuchtendem Pink und frage mich, ob diese monochrome Farbgebung auf meiner Terrasse unbewusste Absicht war. Ich neige auch bei meiner Kleidung zu einseitiger Kontrastierung, schon als Kind. Manche Fotos sind einfach lächerlich. Entlarvend. Ein Bild aus der dritten Klasse, auf dem trage ich einen grauen Faltenrock, graue Strumpfhosen und einen grauen Rollkragenpulli. Ich lächle unschuldig als wüsste ich nicht was ich anhabe. Oder ein Klassenfoto aus dem Deutsch-Leistungskurs, blaue ausgewaschene Jeans, blaues Matrosenhemd aus der Mottenkiste, blaue Wildlederadidas. So sehen zwar fast alle aus, aber trotzdem. Auch mein Bett sieht aus, als wäre es mit einer Farbe übergossen, Laken, Bettdecke, Kissen, alles gleichfarbig. Ich schlafe gut.

Samstag, 28. Mai 2011

Stein

Der Schlaf hat mich eingeholt, vielleicht auch die Seele. Sie hat länger gebraucht als ich für den einfachen Weg nach Westen, der immer mein Zuhause war und es auch jetzt wieder ist. Ich schlafe und schlafe, als wären Jahre nachzuholen. Wache ich auf, ist es immer noch hell am Abendhimmel. Mein Inneres ist gnädig, nicht mehr so zerrissen, als hätten sich alte Wunden endlich geschlossen. Versöhnt. Mein wacher Geist ist wie ein Schwamm, nimmt das Neue begierig auf und dreht es in alle Richtungen, um es ohne große Lücken abzuspeichern wie ein mit Steinen gepflasterter Hof. Ich glaube, in meinen langen Schlafperioden sortiert sich das Muster neu, die Erinnerungen, die Sehnsüchte, tausend Jahre Stärkung aus einer kleinen sternförmigen Blüte, Tausendgüldenkraut (centaurium erythraea).

Freitag, 13. Mai 2011

Wo bist du Schlaf

Seit zwei Nächten suche ich den Schlaf, finde ihn nicht. Führe lange innere Monologe über was wohl die Ursache ist und komme trotz verschiedener Thesen und Antithesen zu keinem Ergebnis. Rezitiere stumm Dialoge aus meinen Lieblingsfilmen, übersetze sie ins Englische, Französische und Spanische. Träume ich jetzt? Atme plötzlich den Duft von echtem Baldrian (Valeriana officinalis) und spüre wie seine Moleküle in mein Gehirn dringen. Ich fahre mit der Bahn und als die Türen zischend zugehen, steht Andi dort, Augen strahlend blau. Unsere Fingerspitzen berühren sich durch das kalte Glas, ja klar, er kann das, Zeitreisender, Phantom. In dieser Nacht rettet er mich.

Montag, 9. Mai 2011

flussaufwärts

Mit der Geschwindigkeit eines flussaufwärts den Rhein entlang tuckernden Containerschiffs laufe ich durch den kühlen Schatten. Nach ein zwei Kilometern vergrößert sich der Abstand zugunsten des Schiffs und ich lasse es ziehen. Jeden Morgen die gleichen Hunde und ihre freundlichen Frauchen und Herrchen. Nachmittags herrschen andere Töne, da wird mir auch schon mal hinterhergerufen Und wo gibt’s die Pizza? Das verstehe ich erst nicht, aber der Typ brüllt das allen ins Ohr, die schneller sind als er. Das Wasser steht so tief, dass schroffe Felsen den Strom brechen. Sandstrände hinter den Weiden. Papageien in den Pappeln. Schilf verdeckt die Sicht. Ich laufe auf dem nassen Gras und konzentriere mich auf meine Atmung, sonst nichts, versuche den Verwesungsgeruch des Drüsigen Springkrauts (Impatiens glandulifera) zu ignorieren. Hier noch der  gepflegte Rasen, hinter den Büschen das nicht zu kultivierende Schwemmland. Unterholz, aus dem es knackt.

Samstag, 7. Mai 2011

Weißer Dackel

Der Freund meiner Tochter hat einen Kumpel, dessen Familie hat einen weißen Dackel oder so ähnlich, jedenfalls so ein kleiner Wuschel, der neulich die Wee-Steuerung und die Kabel zerbissen hat. Der ist total süß sagen alle, manchmal geben sie ihm etwas Kölsch zu trinken. Heute Nacht ist der Rhein in Flammen, was nicht wirklich etwas mit dem Hund zu tun hat außer dass die Familie in einer großartigen Wohnung direkt am Fluss wohnt und das Feuerwerk und die vorbeiziehenden Partyschiffe sozusagen aus der ersten Reihe sehen kann. Die Musik auf den Schiffen ist schrottig, wie Karneval eben und daher irgendwie auch gut. Die Touristen zahlen viel Geld für die Tickets und stechen sich beim Tanzen an den Yuccas ( Yucca), die in Wirklichkeit keine Palmen, sondern saisongerecht aus der Familie der Spargelgewächse sind.

Montag, 2. Mai 2011

fünf Kleider

In einem meiner sporadischen Träume, in denen Promis eine tragende Rolle spielen, bin ich zu Besuch bei meinem Exfreund, ich weiß nicht welcher genau. Auf jeden Fall ist er jetzt mit Angelina Jolie zusammen und das finde ich schon recht aufregend. Wie immer, bin ich im Traum nicht die Spur eifersüchtig, ich streife durch die schöne Wohnung und sehe mir das Innere der Kleiderschränke an. Angelina hat nur einen kleinen Spind und darin hängen genau fünf Kleider, die mir irgendwie bekannt vorkommen, wahrscheinlich aus dem Kino. Ich bin beeindruckt, dass sie nur so wenige Klamotten hat. Die Kleider sind alle bunt gemustert und hängen so locker und stilvoll an ihren Bügeln, wie es nur eine Menge Luft dazwischen möglich macht. Ich denke an meinen eigenen Kleiderschrank und an die peinliche Enge darin. Mein Lieblingskleid in der Farbe von Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas) muss ich immer erst suchen und deshalb vergesse ich meistens es anzuziehen. Das kann Angelina nicht passieren.