Mittwoch, 17. Februar 2010

Wallander

In der Regionalbahn treffe ich einen schwedischen Fernsehkommissar. Wir sitzen uns eine Weile gegenüber, dann sitzen wir nebeneinander und atmen einige Kilometer lang die Luft zwischen uns. Draußen fließt die Landschaft vorbei. Das gemeinsame Atmen klappt gut, so unerwartet synchron, ungewöhnlich bei der ersten Begegnung. Sein Luftholen ist kräftiger im Hinein- und Herausströmen, meine Luft fällt mehr lautlos in mich rein und sickert wie Wasser wieder raus. Unsere Konzentration auf das Atmen des anderen nimmt auch die Wärme wahr, die unsere Körper ausstrahlen. Sein Pulsschlag prallt auf meine Haut. Noch haben wir nicht geredet. Obwohl er aussieht wie Wallander traut er sich nicht. Wir tauschen Blicke. Das geht ganz gut, denn wir befinden uns in einer gedämpften Lärmglocke aus schwäbischem Dauermurmeln, das von irgendwo hinter uns kommt. Auf dieses Geräuschkissen legen wir nun unsere Köpfe. Wir müssen nicht reden. Ansehen reicht. So viele Geschichten in seinen Augen, die dunkel sind wie das Blau der Heidelbeere (Vaccinium myrtillus). Das Rauschen der Luft in den Lungen. Er holt ein Messer aus seiner Tasche, sticht in einen Apfel und reicht mir das blutige Stück.

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