Montag, 28. Dezember 2009

Gefangen

Die Tür lässt sich nicht verriegeln, das Licht blinkt. Ich stehe innen, drücke auf den Knöpfen herum und warte, dass es klickt. Da geht die Tür wieder auf und eine Frau in einem geblümten Winterkleid steht vor mir. Die lila auf den Stoff gedruckten Blüten sehen aus wie Gemeiner Frauenspiegel (Legousia speculum-veneris). Sie lacht, denkt, ich bin fertig aber ich sage die Tür geht nicht zu. Sie kommt herein, beide fingern wir an der Verriegelung, die jetzt klickt und nun sind wir eingeschlossen. Sie kramt ihr Schminktäschchen heraus und blickt in den Spiegel. Ich stehe hinter ihr und lache, wir sind fremd und doch seit Sekunden befreundet. Ihr Gesicht ist ein Spiegel meines Gesichts und ihre Hände sind feingliedrig, zittern ein wenig als sie Wimperntusche auflegt. Ich mache ihr ein Kompliment für ihr Kleid, das lässt sie ein wenig hüpfen. Sie sagt, es tut gut, das Kompliment. Ich wundere mich, sie ist schön und fröhlich und zieht die Blicke auf sich. Ich stehe mit dem Rücken an die Plastikwand gelehnt und denke an meinen Schlafgefährten, der mir heute Morgen gesagt hat, ich sähe so vergnügt aus. Es ist Andi, der mich glücklich macht und natürlich sehen das alle. Aber in dem Spiegel hier, gefangen mit dieser Frau, habe ich Augenringe.

1 Kommentar:

  1. Die Menschen die einen lieben sehen einen immer anders als man selbst- hübscher, liebenswerter und alles. In bestimmten Situationen fängt man fast an es selber zu glauben, bis man wieder einem Spiegel begegnet (außer man hat wirklich ein sehr hohes Selbstbewusstsein)

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