Freitag, 5. März 2010

Mit Wolle durch den Winter (4)

Es ist immer noch eiskalt. Schneeflocken tanzen über den Rhein, dabei ist Karneval schon längst vorbei. Während alle Herbergen in Bayern ihre Gäste mit dicken Bettdecken versorgen, tun die im Norden so als wäre immer Sommer oder als wären alle Menschen Engländer. Im Norden, das ist in Bremen an der Weser, die schlammbraun und gezeitenlaunig durch die Stadt strömt. Direkt am Ufer steht die Becksbrauerei und raucht. Ich glaube, die denken, man müsse nur ordentlich Bier trinken und würde dann von selbst warm. Die Cocktails in der schicken, aber öden Bar sind jedenfalls nicht gut. Gut ist dort der Stoff an der Wand a la zehnfachvergrößerter Heckenrose in lila (Rosa canina), bestimmt von Ikea. In der Herberge kann man sich im traditionellen Vampirschlaf üben, Holzkisten im Sargformat – leider ohne Deckel, der hätte die körpereigene Wärme noch eine Weile gespeichert. Ohne den Deckel flieht die Wärme mit dem eisigen Luftzug nach draußen, wo sie es wahrscheinlich sofort bereut. Zitternd stehe ich mitten in der Nacht auf und frage den Herbergsvater nach einer Wolldecke, kann ruhig so ein alter grauer Armeeteppich sein, aber er schüttelt den Kopf. Decke mich mit meinem Schal und meinem Mantel zu und warte auf die Ruhe, für die der Herbergsvater nicht sorgt. Wofür ist der eigentlich da, dieser Vater?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen