Montag, 7. Juni 2010

Stilles Herz

Mein Trachten, großherzig und gerecht zu sein, ist der Traum einer Königin ohne Land. Bloße Theorie. Heute komme ich aus diesem Wald heraus. Ich kann das Gezwitschere der Vögel, das Schnarren der Insekten nicht mehr hören, den Gestank des bittersüßen Nachtschattens  (Solanum dulcamara) nicht mehr riechen. Halte mich in südliche Richtung, weil im Süden alles besser ist. Zumindest im Vergleich zum Norden. Ist mir auch langsam egal, durch wie viele Hecken ich noch klettern muss und dass die Dornen mir die Haut aufkratzen. Verteile Spucke auf dem blutigen Muster. Als sich plötzlich der Blick öffnet und mit unverschämtem Getöse ein Bus vorbeifährt, lache ich laut. Wieviel Zeit ist vergangen? Zwei Tage? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Bin ich ein neuer Mensch oder nur ein verletzter? Die Wunden sind nur oberflächlich, tiefer geht der Schmerz der Enttäuschung. Ich kehre dem Norden meinen Rücken zu. Genug der Kälte, Schluss mit Wolle durch den Winter. Es ist nicht mehr weit bis zum Meer. 

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